Leistchamm, Amden
Sonntag 26.04.2020, heute ist ausschlafen angesagt und den Tag nehmen wie er kommt.
Lorella ist im Berner Oberland am Wandern und schickt mir immer wieder geniale Bilder, sodass ich auch Lust auf Berge bekomme.
Es ist mittlerweile 14.00 Uhr und ich packe meinen Rucksack und fahre etwas planlos in Richtung Walensee, irgendwie zieht es mich dorthin. Während der Autofahrt habe ich mich für Amden entschieden. In all meinen Jahren habe ich tatsächlich noch nie nach Amden geschafft – Was nun definitiv geändert wird.
In Amden angekommen habe ich aber noch immer keinen Plan wo es hingehen soll. Ich parkiere mein Auto auf dem Parkplatz Arvenbüel und etwas verloren habe ich in Google nach schönen Aussichtspunkten gesucht. Den Aussichtspunkt Charpf scheint eine gute Wahl zu sein – Nach den Google Rezensionen zufolge ist das aber ein 15min Spaziergang und auf einen Touristen Hotspot habe ich keine Lust.
In der Ferne habe ich dann aber diesen einen Berggipfel gesehen, in den ich mich verliebt habe – Leistchamm mit seinen 2’100 m.ü.M wird es heute werden, ertönt eine «noch» laute Stimme in mir. Ich bin mir halbwegs bewusst, dass ich eher spät unterwegs bin und das es jederzeit einen Wetterumbruch geben kann aber ich habe ja «keine» Regenjacke dabei, also passt das schon! Natürlich lerne ich nicht aus meinen Fehlern und nehme den direkten Weg in Richtung Gipfel, vorbei an Kuhweiden, leeren Häusern, traversiere an einen Bach entlang, hinterfrage meine Entscheidung und treffe mitten im nirgendwo ein Bauern Paar, welches mich freundlicherweise wieder auf den richtigen Weg navigiert.
Bisher ist der Aufstieg wunderschön und nicht sonderlich anstrengend. Auf der Zwischenhöhe angekommen, sehe ich die wahre Grösse und Distanz meines Vorhabens!
Na gut, auf dem Wegweiser steht ja «nur» 1h 20min bis zum Leistchamm – EASY!
Schnell merke ich, dass es ab jetzt steil einen Bach hoch geht, welcher voll mit Matsch ist und immer wieder Schneepassagen dazwischen hat (natürlich ist das kein bach aber durch das Schmelzwasser fühlt es sich so an). Etwas mulmig ist mir schon aber wieder kommt die Stimme in mir «Du bist schon zu weit um einen Rückzieher zu machen!» OK… du hast recht, das geht schon irgendwie – Nach etlichen rutschern und den Schuhen voller Schnee bin ich beim nächsten Wegweiser angekommen – 30min! Wenigstens ist es jetzt trockener Untergrund und ich habe wieder Gripp mit den Schuhen. Es ist schon ziemlich steil aber der Gipfel ist langsam aber sicher in Sicht, was der Motivation nicht schadet.
Kurz vor Gipfelstürmung (klingt geil, oder?) sah ich dann noch einen Wolf und denke mir leise für mich: «WTF, bin ich jetzt benebelt vor lauter Anstrengung??» Bis ich dann doch noch die orange Leine sah und feststelle, dass es sich um einen Husky handelt:)
Oben angelangt, sehe ich dann zu wem der Hund gehört. Zwei verliebte turteln unter dem Gipfelkreuz – jöö!
Das nasse Shirt gegen ein langarm ausgetauscht und einfach nur die Aussicht und die Stille geniessen. Doch auf einmal surrte etwas neben mir und es steigt eine Drohne den Klippen empor – Jetzt verstehe ich die Drohnen Gegner! Die Dinger sind schon nervig, wenn man einfach nur den Moment geniessen will!
Ok, da ich jetzt eh nicht zur Ruhe komme, mache ich mich auch ans fotografieren. Wieder wurde von allen Seiten Bilder gemacht und die unglaubliche Stimmung am Himmel war einfach nur grandios.
Doch auf einmal wird es ziemlich frisch und ich sehe erst jetzt, dass eine schwarze Wetterwand auf uns zukommt. Fu.k, ich verspühre Panik in mir und sehe, dass die anderen auch nervös werden und im Eiltempo ihre Sachen packen. Ich packe ebenfalls sofort zusammen und mache mich auf den Abstieg. Mit dem Gedanken an den bevorstehenden Abschnitt mit Wasser, Schlamm und Schnee bekomme ich eine kleine Panikattacke!
Der Regen setzt ein und ich steige irgendwie den Berg hinunter, die Erleichterung als ich auf der Zwischenhöhe angekommen bin war natürlich riesig. Einmal mehr wurde mir bewusst, wie schnell das Wetter in den Bergen umschlagen kann und ich beim nächsten Mal def. eine Regenjacke einpacken werde.
Der Rest ist eigentlich nur noch Fleissarbeit und mit Unterstützung von Petrus kann ich dem Regen sogar noch davonlaufen. 100m vor den Parkplatz donnert es und der Regen holt mich ein! Scheiss auf die müden Beine, ein Sprint muss jetzt noch drin liegen. Ich hoffe es hat mich niemand beobachtet, denn der sogenannte «Sprint» mit müden Beinen war sicher unterhaltsam.
Jetzt aber ab nach Hause und mit Lorella Thai Curry kochen:)
Tipp: folge von Anfang an den Wegweisern!